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Erzählung von Soneçka

Erzählung von Soneçka Marina Zwetajewa

Marina Zwetajewa (1892-1941)

Erzählung von Soneçka

„Eine Begegnung muß wie ein Bogen sein – ein Darüber.“

In Marina Zwetajewas autobiographischer „Erzählung von Soneçka“ begegnen sich während der Revolutionzeit 1919 in Moskau zwei Frauen und ein Mann. Das Leben ist karg und bedrohlich. Die drei begegnen sich zufällig und sie überlassen sich einer dreiseitigen, jeweils sehr unterschiedlichen Liebe – in behutsamer Intensität und den widrigen Umständen zum Trotz. Lebenslust und Brüchigkeit der Lebensbedingungen, Hingabe und Distanz liegen eng beisammen, und so steht über jeder Begegnung die Gewißheit, bald wieder auseinander zu gehen. Alle drei sind von der wechselseitigen Anziehung erfaßt und berührt von der Gegenwart, der Eigenart und dem Geheimnis des anderen. Vom Beginn im Frühjahr vergehen nur wenige Monate bis zur Trennung im Sommer – Volodja und Soneçka sind Schauspieler und gehen dann mit verschiedenen Theatergruppen auf Tournee; Marina, die Dichterin, bleibt zunächst in Moskau, bis sie 1922 emigriert. Zwischen April und Juli - Orte: ein grüner Sessel und ein fuchsrotes Sofa - zwei gescheiterte Schauspielerleben - hungrige Kinder - eine Osternacht – gemeinsame Nächte - rote Korallen - ein eifersüchtiger Bruder, ein Theaterregisseur, einquartierte Mieter .... Über den Abgrund von Sehnsucht, Scheitern und Abschied spannt sich ein Bogen inniger Beziehungen, auf herbe Weise poetisch, sprachmächtig und mitunter von feiner Ironie.

Für Marina Zwetajewa bedeutete Liebe immer auch „Wort“, Stoff und Sprache stimmen bei ihr vollständig überein. Leben gab es für sie nur insoweit es Sprache wurde und dadurch seine Bedeutung erhielt, das heißt Sinn und Gewicht bekam. Ihrer im Leben unstillbaren Sehnsucht nach wirklicher Begegnung , nach Liebesintensität und Erfüllung entspricht eine Steigerung und Verdichtung der Sprache, die sie in der russischen Literatur zu einer der bedeutendsten Poeten macht.

Astrid Kramer liest den Text - zwischen den verschiedenen Personen und Perspektiven spielerisch wechselnd. Susanne Hahn spielt eine eigene Violoncello solo Komposition; Musik und Text greifen ineinander, lösen sich voneinander ab und ergänzen sich, auf diese Weise entsteht ein dichtes Wechselspiel zwischen Klang und Wort, zwischen Erzählung und Abstraktion.